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Großer Sportler auf einem Bein

Großer Sportler auf einem Bein

Bei seiner Spielweise bleibt so manchem Zuschauer der Mund offen stehen. Das weiß Jens Behnke selber. Der Selmer spielt Badminton – mit Krücke. Seit seinem siebten Lebensjahr fehlt dem heute 31-Jährigen sein linkes Bein. Er kennt keinen anderen Spieler auf der Welt, der ohne Prothese, nur mit Hilfe einer Krücke, auf dem Platz umher wirbelt. Ein Porträt.

Jens Behnke spielt nicht nur auf spektakuläre Art und Weise, sondern auch erfolgreich. Badminton ist seit 16 Jahren sein Sport. Mit kurzer Pause stand er ausschließlich für seinen Heimatverein, den PSV Bork, auf dem Feld. In der laufenden Saison spielt Jens Behnke beim PSV in der zweiten Badminton-Mannschaft – grundsätzlich gegen Gegner ohne Behinderung. Den Behindertensport hat er sowieso nur durch Zufall für sich entdeckt.
„Das war 2000 bei einem Turnier in Ibbenbüren“, erinnert sich Behnke. Eigentlich habe er nur aus Jux an den Start gehen wollen, Chancen habe er sich keine ausgerechnet. Am Ende des Wettkampfes war Jens Behnke NRW-Landesmeister im Einzel und im Doppel.
Die Titelsammlung hat sich seitdem stetig vermehrt. Zu wiederholten Titeln bei Landesmeisterschaften gesellten sich unter anderem Erfolge bei Deutschen Meisterschaften, den German International sowie bei diversen Integra Turnieren.

Nicht zu vergessen ist die internationale Erfahrung, die er in den vergangenen Jahren gesammelt hat. Bronze holte er zudem mit seinem Doppelpartner Pascal Wolter, der für den OSC Düsseldorf startet, bei den Weltmeisterschaften 2001 in Cordoba (Spanien). 2003 in Cardiff (Wales) gewann Jens Behnke WM-Bronze im Einzel. Zu Gold im Doppel reichte es 2004 bei den Europameisterschaften in Tillburg (Niederlande).

Der Europameister: "Eigentlich spiele ich doch nur Mittelmaß"

Diesen Titel verteidigen konnten Jens Behnke und Pascal Wolter im vergangenen Jahr bei der EM in Sevilla (Spanien), für Behnke gab es zudem Bronze im Einzel. Trotz dieser ganzen Erfolge ist der zweifache Familienvater, der durch einen Schulfreund zum Badminton gekommen ist, bescheiden geblieben. „Eigentlich spiele ich doch nur Mittelmaß“, versucht er seine Leistungen zu schmälern.
Doch sind es vielleicht auch nicht seine Erfolge, sondern eher sein Ehrgeiz und seine Leidenschaft, die ihn auszeichnen. Weder von Verbänden noch von staatlicher Seite wird der 31-Jährige finanziell unterstützt. „Ohne Sponsoren wäre das alles gar nicht möglich“, erklärt Behnke. Als Paradebeispiel nennt er Israel, deren Spieler mit eigenen Trainern und Therapeuten zu den Turnieren anreisen würden. Für Jens Behnke unvorstellbar.
„Im Ausland ist mein Name bekannter als in Deutschland“, sagt er. In Spanien ziere sein Bild ein Regelbuch, in Frankreich einen Flyer. Daher gilt der Dank des Sportlers auch seinen Unterstützern, die es ihm Ende des Monats sogar ermöglichen, zur Weltmeisterschaft nach Thailand zu fliegen. „1800 Euro kostet mich eine Woche Sporthalle“, bilanziert der Selmer, der zweiter Vorsitzender des Fachbereiches Badminton im Deutschen Rollstuhl Sportverband (DRS) ist.

„Jetzt soll es klappen“ - mit dem Weltmeistertitel

 Momentan ist er im Vorbereitungsstress, denn sein Ziel ist es, Weltmeister zu werden. Die Voraussetzungen haben sich gebessert, denn durch eine Änderung im Reglement trifft er nun auf Gegner, die vergleichbare Behinderungen haben. „Zweimal war ich kurz davor“, sagt Jens Behnke, „jetzt soll es klappen“.

Ruhr Nachrichten: 10.10.2007

Von Malte Bock am 9. Oktober 2007 15:34 Uhr

Eintrag vom 10.10.2007